Der Raum der Masken Sardiniens
Mamuthones und Issohadores (Mamoiada)
Die Verkleidung der Mamuthone besteht aus einem für die Hirten typischen Samtanzug, einem schwarzen Schafsfell (die mastruca), Glocken (sa carriga) mit einem Gewicht von etwa 30 Kilo, deren Lärm die Macht hat böse Geister zu vertreiben, aus einem Schal, ein weibliches Bekleidungszubehör, welches eventuell an die weibliche Fruchtbarkeit erinnert, da die Frau sich nicht verkleiden kann, aus einem Barett (oder Bonette) und aus einer schwarzen Holzmaske, Symbol der Traurigkeit. Damals wurden diese Masken aus leicht und einfach zu bearbeitendem Wildbirnenholz geschnitzt, wogegen heute verschiedene Holzarten verwendet werden die die gleichen Eigenschaften aufweisen.
Der Issohadore ist im traditionellen Kostüm von Mamoiada gekleidet, das aus einem weißen Hemd und einer Jacke aus rotem Stoff mit kleinen Glocken besteht. Seine weißen Hosen sind mit einem geblümten Schal bedeckt, ein weiteres Element der weiblichen Symbolik; er trägt sein Berritta, das mit einem Tuch umbundene typische Barett aus Orbace. Das Instrument der Issohadore ist die Soha, ein langes Seil mit einer Schlinge am Ende, das er benutzt um die Leute zu fangen die an der Prozession teilnehmen (vor allem Frauen): auf diese Art und Weise bezieht er die Gemeinschaft in das Ritual mit ein und gibt ihr auf symbolische Weise Wohlsein und die Fruchtbarkeit. Bis vor einigen Jahren, trugen die Issohadores keine Maske: Vor kurzem hat die Pro Loco Vereinigung eine weiße Maske mit freundlichen Gesichtszügen eingeführt.
Merdules und Boes (Ottana)
Die Merdule und die Boe sind zwei Karnevalsmasken von Ottana. Im Dialekt bedeutet mere de ule "Eigentümer der Herde", also stellt Merdule den Hirten dar, während Boe das Tier ist. Der Rinderkopf, schon immer Symbol der Stärke und der Männlichkeit, wird besonders verehrt. Auch hier besteht das Kostüm aus Schafsfellen und großen Glocken. In Ottana hebt man die Bedeutung des Tieres für das Überleben der gesamten Gemeinschaft hervor: Es bietet Häute um sich gegen die Kälte zu schützen, produziert Fleisch und Milch, bearbeitet die Felder und transportiert Güter und Personen. Das Tier wurde so verehrt, aber auch gezüchtet und von den Menschen dominiert. Diese komplexe Beziehung ist gut durch die Masken von Ottana dargestellt. Sie zeigen die Müdigkeit, die Schmerzen und die Rebellion, aber vor allem die Symbiose zwischen Mensch und Tier. Der Karneval von Ottana präsentiert verschiedene zoomorphe Masken: neben der Boe findet man den Hirsch, den Esel und das Wildschwein; Ottana ist das einzige Dorf in Sardinien, welches eine solche Vielfalt an zoomorphen Masken besitzt.
Sa Filonzana (Ottana)
Die Filonzana (die Spinnerin) ist eine weitere Karnevalmaske von Ottana, die sich während der Parade ein wenig von den Boes und den Merdules entfernt hält. Ihr Träger ist ein als bucklige und hinkende Frau verkleideter Mann, mit Halstuch, Schal und schwarzem Rock gekleidet. Diese wird Filonzana genannt, weil sie in der Hand eine Spindel Wolle hält, die das Leben, die Vergänglichkeit und das Schicksal der Menschen darstellt. Sie trägt um ihren Hals eine Schere als Drohung den Faden abzuschneiden und somit den Tod herbeizurufen. Aus historischer und kultureller Sicht gesehen, ist diese Maske die wichtigste, da sie uns an die drei lateinischen oder griechischen Fates erinnert, andere legendäre Spinnerinnen, die die drei folgenden Stufen darstellen: Geburt, Entwicklung und Tod.
Su Thurpu (Orotelli)
Su Thurpu ist die typische Karnevalsmaske von Orotelli. Ihr Name, welcher "blind" bedeutet, wurde als Hinweis auf Menschen-Tiere verstanden, da diese nicht sehen können, weil sie wie Tiere geworden sind. Weitere Anthropologen meinen dass das Wort "blind" auf die Kreaturen der Hölle hinweist die an die Dunkelheit der Unterwelt gewöhnt sind, doch während des Karnevals in die Welt der Lebendigen aufsteigen. Im Gegensatz zu den anderen Karnevalsmasken (Verkleidungen) der Barbagia tragen sie kein Leder sondern einen schwarzen Mantel aus Orbace. Die Orbace ist ein Stoff aus warmer und wasserdichter Wolle den man früher benutzte um auf dem Land zu arbeiten. Ihre Träger haben keine Gesichtsmaske sondern das Gesicht vom Ruß des verbrannten Korks geschwärzt. Auch die Parade verläuft auf eine andere Art und Weise. Einige von ihnen schieben einen Pflug der von anderen Thurpos gezogen wird. Sie stellen die Rinder unter dem Joch als auch die Feldarbeit dar. Andere tuen so als ob sie die Hufen der Tiere beschlagen oder Samen säen. So ahmen sie alle Szenen des Landlebens nach, und sie feiern ein Versöhnungsritual der landwirtschaftlichen Tätigkeiten.